// MM: „Der Verband hat sich nur Zeit erkauft“
29 Okt
MM: „Der Verband hat sich nur Zeit erkauft“
Handball-Verantwortliche im Landkreis äußern sich zur dreiwöchigen Unterbrechung der Saison
(Bitte für den Bericht des Münchner Merkur auf das Bild klicken)
Auch wenn der Artikel durch den Lockdown überholt ist, wollten wir Euch die Reaktionen nicht vorenthalten:
„Der
Verband hat sich nur Zeit erkauft“
Handball-Verantwortliche im Landkreis äußern sich zur dreiwöchigen
Unterbrechung der Saison
Landkreis – Der Bayerische Handballverband (BHV) hat den Liga-Betrieb für drei
Wochen ausgesetzt. Der Münchner Merkur hat sich bei Handball-Verantwortlichen
im Landkreis umgehört, wie sie diese Entscheidung beurteilen, ob sie eine
baldige Fortsetzung wünschen oder gar einen Saison-Abbruch erwarten, und, ob
man diese Fragen nach Spielklassen differenziert bewerten sollte.
Thomas Schibschid (Trainer Männer HT München/Bayernliga): „Als Trainer wünscht
man sich natürlich weiterzuspielen, aber ich habe vollstes Verständnis für die
Entscheidung. Ich rege mich auch nicht über Dinge auf, die ich nicht
beeinflussen kann. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass bis Jahresende gar
nicht mehr gespielt wird. Es gibt verschiedenste Szenarien: Saisonabbruch,
Verzicht auf die Rückrunde, nur eine kurze Pause. Der Verband hat sich nur drei
Wochen Zeit erkauft. Wir befassen und jetzt mal damit, dass wir nach drei
Wochen wieder spielen und uns bis dahin im Training um einige Baustellen
kümmern. Der BHV ist bemüht, das alles ernst zu nehmen. Es wurde viel
geschimpft über den Verband, nachdem er den Saisonstart zugelassen hat, weil er
dem Gesetzgeber gefolgt ist. Jetzt macht er es anders, wieder wird geschimpft.
Das ist keine leichte Aufgabe für die Verantwortlichen. Man muss aber auch
sehen, dass der BHV keine Interessensvertretung der Vereine ist, sondern der
Sportart. Wenn man die gesellschaftliche Bedeutung sieht, wäre es für mich
sogar wichtiger, dass Kinder und Jugendliche weiterspielen können. Die
Jugendteams und die Eltern würde es sehr freuen, wenn sie zum Sport gehen und
da ein Gemeinschaftsgefühl erleben können.“
Florian Besel (2. Vorsitzender der HSG B-One, deren Frauen in der
Bezirksoberliga spielen): „Die Ligaspiele für drei Wochen auszusetzen, war vor
dem Hintergrund des aktuellen Infektionsgeschehens definitiv richtig. Genau für
so einen Fall hat man ja das Enddatum der Saison 20/21 extra nach hinten hin
geöffnet. Verloren hat man dadurch sicherlich nichts. Als Wettkampfsportler
hoffe ich persönlich natürlich, dass die Teams bald wieder auf Punktejagd gehen
können. Aber dies muss selbstverständlich auch gesellschaftlich vertretbar
sein. Im Angesicht von stark steigenden Fallzahlen wäre ich aber nicht
verwundert, wenn zumindest Teile dieser Saison abgesagt werden. Als Beispiel
kann ich mir vorstellen, dass nur der Erwachsenenbereich und die ältesten
Jugendteams eine reguläre Saison spielen. Bei manchen Vereinen hängt finanz-
und systemtechnisch ja einiges davon ab, ob gespielt wird oder nicht. So
bewerten meine Kollegen von HT München mit ihren beiden Bayernligateams die
Situation definitiv unter anderen Gesichtspunkten als wir bei der HSG B-One.
Eine Differenzierung zwischen höheren und niederen Amateurklassen, sowohl im
Erwachsenen- als auch im Juniorenbereich, wäre sicher nachvollziehbar. Von
einem umsetzbaren Alternativprogramm zu unserer regulären Saison könnte man
viele Vereine überzeugen.“
Nicole Leininger (Gründerin der Handballabteilung des TSV
Brunnthal/Jugendtrainerin der HSG B-One): „Dass der BHV die Saison unterbrochen
hat, finde ich bei den aktuellen Zahlen nicht nur richtig, sondern in Bezug auf
den Breitensport verpflichtend. Ob es wirklich in gewohnter Manier weiter geht,
stelle ich absolut in Frage. Alleine schon aufgrund der bereits ausgefallenen
und verschobenen Spiele. Ich sehe einen Unterschied zum Leistungssport, in dem
die Akteure ihrer bezahlten Arbeit nachgehen. Zumindest solange von den
Vereinen die Hygieneregeln entsprechend beachtet werden. Schließlich ist hier
das wirtschaftliche Überleben als Zielsetzung zum Fortbestehen unserer Sportart
zu nennen. In der aktuellen Situation im Breitensport glaube ich, dass wir mit
einer entzerrten Saison ohne Rückrunde und Ligabetrieb und somit ohne Druck
eines eventuellen Auf- oder Abstiegs, vielen helfen würden, freier zu agieren.
Unser Fundament sind die Ehrenamtlichen, die den reibungslosen Ablauf überhaupt
möglich machen. Auf eine Saison mehr oder weniger kommt es hier wohl nicht an.
Es sollten Spielformen gefunden werden, die gerade in der derzeitigen Situation
durchführbar sind. Ideen gab es im Vorfeld einige, aber nach der Entscheidung
des BHV, normal den Saisonbetrieb aufzunehmen, war vielen klar: ,Wir spielen
ein bisschen und dann ist eh Ende.’ Eigentlich schade, da das viele von uns
vorhergesehen haben, aber man trotzdem im Vorfeld nicht den Mut gefunden hat,
mal etwas Neues auszuprobieren.“
Oliver Götsch (Trainer Frauen HT München/Bayernliga): „Einerseits ist die
Entscheidung nachvollziehbar, um der aktuellen Entwicklung Rechnung zu tragen,
andererseits sind die drei Wochen Pause rein sportlich unpassend. Aus
sportlicher Sicht würde ich mir danach auf jeden Fall eine rasche Fortsetzung
des Spielbetriebs wünschen. Es muss zur Lage der Zahlen aber natürlich passen.
Die Möglichkeit, dass die Saison eventuell sogar komplett ausfällt, besteht,
ich kann es mir aber nicht vorstellen. Das will keiner. Eine Differenzierung
sollte man auf jeden Fall machen, zumindest bei den Profis. Die haben ja ganz
andere Möglichkeiten als wir.
Wenn wir alle die ganze Zeit testen könnten, wäre es sicher einfacher.“